Verbunden mit Gott – 72 Namen Gottes

by Hkiefer · 11. November 2025

Zwischen Namen und Mächten: Die 72 Namen Gottes im Licht ägyptischer und babylonischer Mysterien

Ein Gott – viele Kräfte und Dimensionen um sich mit Gott wieder besser verbinden zu können.

Was verbindet die kabbalistischen 72 Namen Gottes mit den polytheistischen Systemen Ägyptens und Babylons? Auf den ersten Blick scheint ein Widerspruch zu bestehen: Hier die monotheistische Mystik, dort die Vielzahl von Göttern. Doch bei näherer Betrachtung offenbart sich eine tiefere Gemeinsamkeit – eine archetypische Grammatik spiritueller Wirklichkeit.

Verbunden mit Gott - 72 Namen Gottes
Verbunden mit Gott – 72 Namen Gottes

Die 72 Namen Gottes: Facetten des göttlichen Willens

In der Kabbala gelten die 72 Namen Gottes als energetische Kombinationen, abgeleitet aus drei Versen im Buch Exodus. Jeder Name ist mit einem Engel oder Genius verbunden, der einen spezifischen Aspekt des göttlichen Willens verkörpert – etwa Schutz, Heilung, Erkenntnis oder Transformation. Diese Namen sind keine Bitten, sondern Resonanzpunkte: Werkzeuge zur inneren Ausrichtung und zur Aktivierung schöpferischer Kräfte.

Ägyptische und babylonische Parallelen

Auch in den Mysterienreligionen des alten Ägypten und Babylons finden sich Strukturen, die an die kabbalistische Ordnung erinnern:

  • Die 72 Dekane des Himmels in der ägyptischen Astrologie entsprechen Sternbildern, die jeweils fünf Tage regieren – eine kosmische Ordnung, die mit göttlichen Kräften verbunden ist.
  • Die babylonischen Lamassu und ägyptischen Netjeru fungieren als Zwischenwesen, die kosmische Prinzipien verkörpern – ähnlich den kabbalistischen Engeln.
  • Göttliche Namen wurden in beiden Kulturen als wirksame Formeln verstanden, nicht als bloße Bezeichnungen. Sie dienten der Heilung, dem Schutz und der Verbindung mit dem Göttlichen.

Gebet und Handlung: Ein universelles Spannungsfeld

Rabbi Abe betont, dass Gott keine Gebete will, sondern Taten. Diese Aussage scheint im Widerspruch zu stehen zur Überlieferung von Jesus im Garten Gethsemane, wo er betet und Blut schwitzt. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Beide Wege führen zur gleichen Quelle.

  • Rabbi Abe ruft zur aktiven Selbstverantwortung auf: Gebet als Handlung.
  • Jesus zeigt das Durchleben menschlicher Angst im Vertrauen auf den göttlichen Willen: Gebet als Hingabe.

Differenzierte Einheit statt dogmatischer Trennung

„In Babylon standen Götter an den Himmelsstationen,
in Ägypten trugen sie Tierköpfe und Sonnenkronen.
In der Kabbala fließen sie als Lichtströme durch Namen –
doch alle sprechen von derselben Quelle, nur in anderer Sprache.“

Namen und Kräfte im Christentum, Islam, Sufismus, Zoroastrismus, Hinduismus

Es gibt symbolische und strukturelle Parallelen zwischen den 72 Namen Gottes in der Kabbala und spirituellen Konzepten im Islam, Zoroastrismus und anderen religiösen Traditionen – insbesondere in Bezug auf göttliche Namen, Engelwesen, Zahlenmystik und ethische Ausrichtung.

Islam: Die 99 Namen Allahs

Im Islam existieren die 99 „schönen Namen“ (al-Asmāʾ al-Ḥusnā), die jeweils eine Eigenschaft Gottes beschreiben – z. B. ar-Rahmān (der Barmherzige), al-Ḥakīm (der Weise).

  • Wie die 72 Namen in der Kabbala dienen sie der Meditation, spirituellen Ausrichtung und ethischen Verinnerlichung.
  • Auch im Islam gibt es eine Engelshierarchie (z. B. Jibrīl, Mikāʾīl), die bestimmte göttliche Funktionen ausführt – ähnlich den kabbalistischen Genien.

Beide Systeme nutzen göttliche Namen als Brücke zwischen Mensch und Transzendenz, wobei die Kabbala stärker auf Lautmystik und Zahlenstruktur fokussiert ist.

Zoroastrismus: Ahura Mazda und die Amesha Spentas

  • Der Zoroastrismus ist eine der ältesten monotheistischen Religionen und kennt Ahura Mazda als höchsten Gott.
  • Die sieben Amesha Spentas sind göttliche Prinzipien wie Wahrheit, Ordnung, Hingabe – vergleichbar mit den Engelqualitäten der 72 Namen.
  • Zentrale Praxis: „Gutes denken, Gutes sprechen, Gutes tun“ – eine ethische Trinität, die auch in der kabbalistischen Arbeit mit den Namen anklingt.

Der Zoroastrismus betont wie die Kabbala die Verbindung von innerer Reinigung und kosmischer Ordnung, allerdings ohne die komplexe Lautstruktur der hebräischen Namen.

Weitere Parallelen in anderen Traditionen

  • Hinduismus: Die 108 Namen Vishnus oder 1000 Namen Shivas dienen der spirituellen Rezitation und inneren Ausrichtung – ähnlich der kabbalistischen Meditation.
  • Christentum: Die Engelhierarchien (z. B. Seraphim, Cherubim) und die Betonung göttlicher Eigenschaften in Liturgie und Ikonographie zeigen strukturelle Nähe.
    Die 72 Namen Gottes und Christus
  • Sufismus: Die mystische Praxis im Islam nutzt die Namen Allahs in rhythmischer Rezitation (dhikr) – vergleichbar mit der kabbalistischen Visualisierung der 72 Namen.

Es gibt eine Transreligiöse Resonanz

Die 72 Namen Gottes sind Teil einer universellen spirituellen Sprache, in der göttliche Eigenschaften, Zahlenmystik und ethische Praxis miteinander verwoben sind. Ob als Name, Prinzip, Engel oder Lichtqualität – viele Religionen teilen die Idee, dass das Göttliche nicht abstrakt, sondern vielgestaltig erfahrbar ist.

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